Interview mit CEO Dr. Axel Zein im Magazin elektrotechnik (Ausgabe 01/2025 )
WSCAD’s AI-gestützte Lösung für Elektro- und Schaltschrankkonstruktion
Das Unternehmen WSCAD hat auf der letzten SPS in Nürnberg eine neue Lösung für die Elektro- und Schaltschrankkonstruktion vorgestellt, die künstliche Intelligenz einsetzt. Über die Vorteile und Funktionen sprach die Redaktion mit dem Geschäftsführer Dr. Axel Zein.
Das Interview führte Angela Unger-Leinhos (Redakteurin Elektrotechnik)
Herr Dr. Zein, auf der SPS in Nürnberg haben Sie mit Electrix AI die weltweit erste E-CAD-Lösung mit KI-Unterstützung vorgestellt. Wie war die Resonanz auf der Messe?
A. Zein: Die Resonanz war hervorragend. Viele Kunden waren beeindruckt von den Möglichkeiten, die unsere neue Software bietet. Besonders begeistert hat sie der enorme Produktivitätsschub: Aufgaben, die bisher viele manuelle Schritte erforderten, lassen sich nun in Sekunden automatisiert erledigen.
Wie sind Sie und Ihr Team auf die Idee gekommen? Gab es einen bestimmten Auslöser?
A. Zein: Tatsächlich gab die Einführung von ChatGPT den entscheidenden Impuls. Uns war sofort klar, dass wir die KI-Technologie in die Elektrokonstruktion einbringen wollen. Von da an arbeiteten wir mit großem Engagement daran, sie in unsere E-CAD-Software zu integrieren.
Wie lange hat es von der Idee bis zur Marktreife gedauert?
A. Zein: Etwas mehr als 12 Monate.
Wow – das war schnell. Was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?
A. Zein: Jede neue Technologie bringt ihre eigenen Hürden mit sich. Wir mussten vieles ausprobieren, verwerfen und neu beginnen. Unser eigenes KI-Modell haben wir zum Beispiel acht Mal überarbeitet, bis es unseren Anforderungen entsprach. Dieser iterative Prozess tat manchmal weh, war aber entscheidend für den Erfolg.
Im Zentrum der Neuerung steht der AI-Copilot, eine Art virtueller Assistent. Was genau kann man sich darunter vorstellen?
A. Zein: Wie der Name schon sagt, ist es ein Copilot, also ein intelligenter Assistent und Helfer. Er unterstützt den Elektrokonstrukteur, nimmt ihm Routineaufgaben ab, nicht aber die Verantwortung.
Und welche konkreten Funktionen bietet Electrix AI?
A. Zein: Die Software unterstützt die Anwender bei der Bedienung, beantwortet elektrotechnische Fragen, platziert Makros, erstellt Auswertungen wie Klemmenpläne, Materiallisten oder Deckblätter. Sie sucht Bauteile und findet Fehler im Projekt – um nur einige Beispiele zu nennen.
Electrix AI soll sogar technische Fragen beantworten können. Wie funktioniert das?
A. Zein: Der AI-Copilot liefert Antworten auf technische Fragen in Sekunden. Zum Beispiel: „Welchen Drahtquerschnitt benötige ich für einen Kupferleiter mit 32 A?“ Solche Informationen stehen sofort bereit, ohne dass Sie einen Browser öffnen und über eine Suchmaschine oder in Ihren Unterlagen suchen müssen.
Sie sagen, dass Electrix AI Konstruktionsprozesse, wie sie in der Elektrotechnik durchgeführt werden, grundlegend verändert. Können Sie ein Beispiel geben?
A. Zein: Ja. Ein Anfänger kann jetzt Aufgaben übernehmen, die früher Experten vorbehalten waren – etwa das Erstellen von Deckblättern, Materiallisten oder Klemmenplänen. So bleibt dem erfahrenen Konstrukteur mehr Zeit für komplexe, wertschöpfende Aufgaben. Das steigert die Effizienz, verbessert die Qualität und reduziert Stress.
Welche Zeiteinsparungen sind durch Electrix AI möglich?
A. Zein: Nehmen wir an, Sie suchen ein Bauteil, wissen aber nicht, wann und in welchem Projekt es zuletzt verwendet wurde. Die normale Vorgehensweise wäre ein Projekt zu öffnen und das Bauteil zu suchen. Wenn das Bauteil nicht im Projekt ist, dann Projekt schließen und das nächste Projekt öffnen. Und so vergehen schnell viele Minuten bis Stunden. Mit Electrix AI fragen Sie einfach den AI-Copilot „In welchem Projekt habe ich Bauteil 4711 zuletzt verbaut?“ und haben die Antwort in wenigen Sekunden.
Ein zentraler Aspekt von KI ist deren Lernfähigkeit. Wie sieht das bei Electrix AI aus?
A. Zein: Der AI-Copilot lernt die Arbeitsweise des Anwenders kennen und passt sich an dessen Vorgehensweise und Präferenzen an. So wird die Nutzung immer effizienter und es lassen sich beispielsweise seine Standards und die des Unternehmens abbilden.
Wie schnell können Anwender mit Electrix AI zurecht kommen und damit arbeiten?
A. Zein: Wer E-CAD und ChatGPT kennt, kann sofort loslegen. Für KI-Neulinge bieten wir ein vierstündiges Training an, danach sind sie einsatzbereit.
Ist so eine Lösung nicht sehr teuer?
A. Zein: Nein, nicht bei uns. Es ist unser erklärtes Ziel, Elektrokonstrukteuren den Alltag deutlich zu erleichtern. Deshalb ist die KI in allen Ausprägungen unserer Software enthalten – ohne Aufpreis.
Was sind die größten Vorteile für Unternehmen, warum sollten Unternehmen Electrix AI einsetzen?
A. Zein: Durch den Einsatz von Electrix AI ergeben sich zwei entscheidende Vorteile. Zum einen ist da der deutliche Produktivitätsgewinn. Electrix AI agiert wie ein echter Produktivitätsbooster, weil – wie gesagt – viele Aufgaben, die bislang zeitraubend und fehleranfällig waren, jetzt in kurzer Zeit korrekt erledigt werden. Zum anderen befähigt unsere KI-Technologie auch weniger erfahrene Anwender im Konstruktionsprozess produktiv einzusetzen. Ich denke zum Beispiel an Lehrlinge, Berufseinsteiger oder Mitarbeiter ohne tiefgreifende E-CAD-Kenntnisse. Stellen Sie sich vor: Ein unerfahrener Mitarbeiter soll das Deckblatt eines Projekts erstellen, die Materialliste und den Klemmenplan generieren und anschließend die Ergebnisse an Einkauf und Fertigung weiterleiten. Das war bislang doch eher ein No-Go. Heute genügt eine Anweisung an den AI-Copilot wie: „Erstelle den Klemmenplan, die Materialliste und das Deckblatt“ und innerhalb kürzester Zeit liefert das System die benötigten Ergebnisse. Die damit gewonnene neue Arbeitsteilung entlastet Experten und hilft, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Aktuell entwickelt sich die künstliche Intelligenz rasend schnell. Wo denken Sie, werden wir in fünf Jahren in der Elektrotechnik stehen?
A. Zein: Elektro-CAD-Systeme werden Routineaufgaben noch umfassender automatisieren und sich noch besser an die individuellen Anforderungen der Anwender anpassen. Der AI-Copilot wird personalisierte Vorschläge machen und Standards eines Unternehmens automatisch berücksichtigen. Auch für Experten werden die Arbeitsvorgänge schneller und effizienter. Der eigentliche Vorteil für sie liegt jedoch darin, dass sie wieder mehr Zeit und Freiräume für neue und komplexe Aufgaben bekommen. Und genau dort liegt ja die Wertschöpfung und daraus resultierend der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens.
Und was sind die Ziele von WSCAD in den nächsten fünf Jahren?
A. Zein: Unser Anspruch war und ist, unseren Anwendern echte Mehrwerte für eine effiziente Elektrokonstruktion zu bieten. Mit der Integration von KI in unsere Software treiben wir diese Vision weiter voran und wir werden unsere Position im Bereich KI-gestützter E-CAD-Lösungen kontinuierlich weiter ausbauen.
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