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Künstliche Intelligenz in der Elektrokonstruktion

By 03. Dezember 2024Dezember 17th, 2024Fachartikel, KI in der Elektrokonstruktion

Titelstory und Interview mit CEO Dr. Axel Zein im Magazin etz – elektrotechnik & automation (12-2024)
Text: Thomas Walker

Künstliche Intelligenz in der Elektrokonstruktion

Die Elektrokonstruktion zeichnet sich durch viele anspruchsvolle Tätigkeiten, aber auch immer wiederkehrende Aufgaben aus. WSCAD hat mit ELECTRIX AI eine E-CAD-Lösung mit KI-Unterstützung entwickelt, mit der komplexe Aufgaben, die zuvor zahlreiche manuelle Schritte erforderten, in Sekunden automatisiert erledigt werden können. Einsteiger können mit der Software sofort produktiv arbeiten, Experten Zeit für anspruchsvolle Projekte gewinnen, und Unternehmen können dem wachsenden Druck durch Zeit- und Fachkräftemangel etwas entgegensetzen.

Ein einfacher Ansatz zur Beschreibung von KI lautet, dass Maschinen denken und bei Bedarf handeln. Oder anders formuliert: Computer werden dazu gebracht, mehr oder weniger komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge zu erkennen, mit vorhandenem Wissen abzugleichen und zu bewerten, eine Entscheidung zu treffen und die daraus resultierende Handlung entweder vorzuschlagen oder gleich auszuführen. Dahinter verbergen sich sehr viel Rechenleistung, Wissensdatenbanken und programmierte Algorithmen unterschiedlicher Ausrichtungen.
Ein Large Language Model (LLM) beispielsweise erkennt durch selbstlernende Algorithmen die menschliche Sprache immer besser. Doch Schaltpläne entwickeln kann es nicht – das ist auch nicht die Zielsetzung.

Bild 1
Mit ELECTRIX AI können Konstruktionsvorgänge bis zu 99 % schneller als mit den bisherigen Lösungen realisiert werden.

Komplexe Aufgaben in Sekunden gelöst

Doch wie sieht es mit einer zielgerichteten Unterstützung in der Elektrokonstruktion aus? Im September 2024 hat WSCAD die E-CAD-Lösung ELECTRIX AI mit KI-Unterstützung vorgestellt (Bild 1).
Die E-CAD-Lösung nimmt dem Elektrokonstrukteur zwar nicht die komplette Entwicklung von Schaltplänen und Schaltschränken ab. Doch komplexe Aufgaben, die zuvor viele manuelle Schritte erforderten, erledigt die KI jetzt in wenigen Sekunden. Intelligente Fehlererkennung, der schnelle Zugriff auf Informationen, die sonst erst gesucht werden müssten, und die Möglichkeit, komplexe Aufgaben mit einfachen Befehlen zu steuern, machen sie zu einer echten Unterstützung. Einsteiger arbeiten sofort produktiv, Experten gewinnen wertvolle Zeit für anspruchsvolle Aufgaben, und Unternehmen können dem Druck durch Fachkräftemangel und Zeitnot effektiv begegnen.

„ELECTRIX AI verändert grundlegend die Art und Weise, wie Konstruktionsvorgänge in der Elektrotechnik durchgeführt werden„, sagt Axel Zein, CEO und treibende Kraft hinter der KI-Entwicklung bei WSCAD. „Wir haben bei einzelnen Konstruktionsvorgängen Zeiteinsparungen von bis zu 99 % gemessen, und die signifikante Vereinfachung der Konstruktionsschritte verspricht erhebliche Produktivitätssteigerungen.“

Nicht suchen, sondern fragen und delegieren

Im Zentrum steht der AI Copilot: Ein Klick auf das Symbol mit den drei Sternen genügt, und schon begleitet die KI über ein Chat-Feld den Arbeitsalltag. Die Software reagiert auf Textbefehle, prüft Konstruktionen, analysiert Projekte und korrigiert Fehler. „Statt zu suchen und manuell zu konstruieren, fragt der Anwender jetzt den AI Copilot und delegiert zeitraubende repetitive Aufgaben“, erklärt Axel Zein. „Materiallisten, Makros und Bauteile werden in einem Bruchteil der bisherigen Zeit erstellt und platziert (Bild 2).“

Waren bisher in der E-CAD-Lösung über zehn Klicks erforderlich, um eine Materialliste zu erstellen, genügt jetzt die einfache Anweisung: „Erstelle eine Materialliste“. Benötigt der Benutzer zusätzlich einen Klemmenplan, können beide Befehle gleichzeitig erteilt werden, und in wenigen Sekunden sind Liste und Plan fertig. Hierfür muss der Anwender nicht wissen, wie die Menüstrukturen aufgebaut sind oder wie die Software zu bedienen ist. Und es geht noch schneller: Ein Klick auf einen der vordefinierten Beispiel-Prompts genügt, und schon werden Materialliste und Klemmenplan erstellt.

Konkrete Anwendungsbeispiele

Die folgenden Anwendungsbeispiele zeigen die Vorteile der KI auf:

  • Schnelle Hilfe: Statt in Handbüchern oder über die Hilfe in der Software zu suchen, fragt der Anwender jetzt den AI Copilot. Zum Beispiel: „Wie ändere ich die Farben im Cabinet?“ oder „Wie schalte ich den Fang ein oder aus?“. Der geschätzte Aufwand für eine herkömmliche Suche beträgt 50 bis 60 Sekunden. Ein Anruf beim Support oder die Suche in einem Forum würde noch länger dauern. Die KI benötigt etwa 3 Sekunden dafür.
  • Fehler im Projekt finden: Wird ein neues Projekt teilweise per Cut & Paste aus bestehenden Projekten zusammengestellt, können Anpassungen übersehen werden. In diesem Fall – und natürlich auch nach jeder Konstruktion – kann jetzt ein Korrekturlauf gestartet werden. Mit dem einfachen Befehl „Finde die Fehler in diesem Projekt“ analysiert die KI den gesamten Schaltplan und identifiziert zum Beispiel fehlende Zuweisungen, Hauptelemente ohne zugewiesene Nebenelemente, offene Verbindungen oder Symbole, denen kein Artikel zugewiesen ist. Was einen erfahrenen Konstrukteur mitunter viel Zeit kostet, erledigt die KI automatisiert in kürzester Zeit.
  • Makros platzieren: Sollen Makros platziert werden, müssen diese nicht mehr manuell gesucht und in den Stromlaufplan eingefügt werden. Ein Befehl an die KI mit Angabe der zu platzierenden Makros genügt. Im konkreten Beispiel „Platziere die Makros CPU, SPS-DA, SPS-DE und SPS-Potenziale auf eine neue Seite“ benötigt die KI 15 Sekunden, gegenüber 5 Minuten bei herkömmlicher Durchführung (Bild 3).
  • E-CAD-Wissen nutzen: Ob Drahtquerschnitt, Materialauswahl oder spezifische Produktdetails – die KI kennt die Antworten und liefert sie sofort. Beispiel: „Welcher Drahtquerschnitt wird für eine 64-A-Kupferleitung oder einen Aluminiumleiter benötigt?“ Anstatt nachzudenken oder zu suchen, klickt der Anwender auf den betreffenden Draht im Schaltplan und sagt: „Gib mir einen Kupferdraht, Farbe blau, DC 24 V und 64 A.“ Schon hängt ein Draht mit 16 mm² und den entsprechenden Attributen am Mauszeiger. Es geht also nicht nur schneller; die Software weiß auch, dass für DC 64 A ein Draht mit 16 mm² benötigt wird.

Bild 2
Mithilfe der KI können Materiallisten in wenigen Sekunden erstellt werden.

Ein Hebel gegen Zeitdruck und Fachkräftemangel

Die E-CAD-Lösung ist mit elektrotechnischem Wissen ausgestattet. Weniger qualifizierte Mitarbeiter können so anspruchsvollere Aufgaben übernehmen, und der Pool an potenziellen Fachkräften wird auf einen Schlag erweitert. Gleichzeitig können erfahrene Anwender die noch verbleibenden Aufgaben viel schneller erledigen und sich dann auf kreative und strategisch wichtige Projekte konzentrieren.

„Die durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in ELECTRIX AI entstehende neue Arbeitsteilung ist nicht nur äußerst produktiv, sondern das wirkungsvolle Mittel gegen die zwei dominanten Probleme Zeitdruck und Fachkräftemangel“, sagt A. Zein.

Vier Fragen an Axel Zein

Künstliche Intelligenz ist derzeit Treiber für viele Entwicklungen. Axel Zein erläutert, warum WSCAD im Bereich E-CAD auf diese setzt.

Warum ist KI aus Ihrer Sicht so wichtig im Bereich E-CAD?
A. Zein: KI ist mehr als nur ein Schlagwort, das auf Konferenzen oder auf Titelseiten von Magazinen präsentiert wird. Sie verändert Branchen in einem Tempo, das traditionelle Ansätze alt aussehen lässt. KI kann zeitaufwendige und repetitive Aufgaben automatisieren und blitzschnell Erkenntnisse liefern. Sie verfügt über immer mehr ad-hoc-abrufbares Wissen. Kurzum: KI kann und wird Innovationen vorantreiben und Unternehmen auf das nächste Effizienzniveau führen. Wer KI ignoriert, wird über kurz oder lang versuchen, einen Marathon durch Treibsand zu laufen. Nehmen Sie Apple: Das Unternehmen hat die erste KI-Welle verpasst. Jetzt kämpft es darum, wieder aufzuholen. Aber selbst, wenn ein Unternehmen über die Ressourcen von Apple verfügt, ist es doch besser, den Anschluss erst gar nicht zu verpassen.

Was können oder sollten Unternehmen Ihrer Ansicht nach tun, um den KI-Zug nicht zu verpassen?
A. Zein: Auf keinen Fall KI als vorübergehenden Trend sehen, sondern als langfristige strategische Investition. Unternehmen müssen aktiv in KI-Projekte investieren, auch wenn der unmittelbare Nutzen nicht immer sofort sichtbar ist. Dazu gehört, offen zu sein für neue Entwicklungen sowie Partnerschaften mit anderen Technologieunternehmen einzugehen. Außerdem sollten sie die internen Hürden identifizieren, die den Fortschritt bremsen – sei es eine veraltete IT-Infrastruktur oder eine Kultur der Stagnation. Es braucht eine innovationsfreundliche Umgebung, die Fehler toleriert und das Experimentieren erlaubt. Innovation, Führung, Flexibilität und eine starke Unternehmenskultur sind die Grundpfeiler für den Erfolg im Umgang mit KI.

Was bedeutet dies konkret für Führungskräfte und Mitarbeiter?
A. Zein: Für KI-Innovationen braucht es mehr als nur eine ausgeklügelte Technik. Mitarbeiter müssen ermutigt werden, neue Ideen auszuprobieren, ohne Angst vor Misserfolgen oder negativen Konsequenzen. Sätze wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ sind der absolute Bremsklotz. Führungskräfte müssen ein Umfeld schaffen, in dem KI und Innovationen gedeihen können. Konkret bedeutet das: Hindernisse beseitigen, das Team motivieren, Katalysator sein. Die Devise lautet: Experimentieren fördern, aber gelenkt. Ein guter Ansatz sind interdisziplinäre Teams. KI-Innovationen gedeihen nicht in Silos. Wenn die Leute aus der F&E-Abteilung mit dem Marketingteam sprechen und die Produktdesigner mit den Datenwissenschaftlern zusammenarbeiten, eröffnen sich neue Perspektiven und echte Durchbrüche. Für Mitarbeiter reicht Talent allein nicht mehr aus – es braucht den Willen, komplexe Herausforderungen anzunehmen und zum Abschluss bringen zu wollen. Die besten Mitarbeiter sind oft jene, die neben Leidenschaft eine natürliche Neugier in Verbindung mit Ausdauer und Beharrlichkeit mitbringen.

Wo stehen wir Ihrer Meinung nach aktuell mit KI?
A. Zein: KI hat aktuell sehr unterschiedliche Ausprägungen. Nehmen Sie etwa ein Large Language Model, kurz LLM. Es kann menschliche Sprache in unterschiedlichen Dialekten geschrieben und gesprochen verstehen und demnächst wahrscheinlich visuell von den Lippen ablesen. Bei WSCAD haben wir als weltweit erster Hersteller gerade damit begonnen, Grundfunktionen und Erleichterungen in unsere E-CAD-Software zu integrieren. Über alles betrachtet vergleiche ich den aktuellen Stand der KI gerne mit einem Praktikanten, der nie schläft, keine Fristen verpasst und jeden einzelnen Datensatz, der jemals geschrieben wurde, lesen kann. Das ist fürs Erste doch schon mal ziemlich praktisch, oder? Konkret können Sie ein LLM eine Einladung oder ein Schreiben an eine Behörde verfassen lassen und mit der KI in unserer E-CAD-Software können Sie einzelne Konstruktionsvorgänge bis zu 99 % schneller abarbeiten als bisher. Weil Sie nicht mehr wissen müssen, wie die Software zu bedienen ist und die Menüstrukturen aufgebaut sind. Das ermöglicht weniger erfahrenen Anwendern, ziemlich coole Dinge zu tun, und Experten bekommen mehr Zeit, um sich auf kreative und strategisch wichtige Projekte zu konzentrieren. Und das ist erst der Anfang.

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